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Statusbericht Kommunaler Klimaschutz

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Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hat die KEA-BW beauftragt, den Statusbericht kommunaler Klimaschutz in Baden-Württemberg zu erstellen, der 2018 erstmalig erschienen ist; im November 2022 wurde die zweite Fortschreibung veröffentlicht. Der zum Stichtag 30.06.2021 fortgeschriebene Bericht beleuchtet auf rund 200 Seiten die vielfältigen Aktivitäten und Konzepte zur Stärkung des Klimaschutzes vor Ort. Der Statusbericht kommunaler Klimaschutz zeigt aktuelle Entwicklungen und bisherige Erfolge, aber auch bestehende Defizite bei den Klimaschutzbemühungen der Kommunen im Land. Ziel ist es, Kommunen, regionalen Energieagenturen und anderen Akteuren eine fundierte Grundlage für zukünftige Aktivitäten auf dem Weg zur Klimaneutralität zu liefern. Über den Bericht hinaus stellt die KEA-BW auf Anfrage weitere Daten zur Verfügung, insbesondere "Klimaschutz-Steckbriefe" für Kommunen oder Landkreis-Profile.

Einige wichtige Ergebnisse und Erkenntnisse sind hier zusammengefasst.

  • Gemeinsam engagieren: Klimaschutzpakt (Kapitel 3.1)

    Die Landesregierung und die kommunalen Landesverbände haben Ende 2015 den „Klimaschutzpakt Baden-Württemberg“ geschlossen. Mit einer unterstützenden Erklärung machen 409 Städte und Gemeinden sowie 34 Landkreise deutlich, dass sie im Klimaschutz aktiv sind und ihr Engagement verstärken möchten. Kleine Kommunen beteiligen sich bisher zahlenmäßig weniger stark daran.

    Beispiel: Im Rhein-Neckar-Kreis haben alle Kommunen den Klimaschutzpakt gemeinsam unterzeichnet. 

  • Starke Berater: Regionale Energieagenturen (Kapitel 3.3)

    Das nahezu flächendeckende Netzwerk der 34 regionalen Energieagenturen ist einzigartig in Deutschland und ein Erfolgsfaktor im Land. Sie haben in der Summe eine Personalkapazität von rund 176 Vollzeitstellen (gegenüber 144 im Jahr 2019). Dazu kommen frei Mitarbeitende und Praktikumsstellen. Weiterhin gibt es einige Agenturen mit weniger als fünf Mitarbeitenden, was eine umfassende Bearbeitung des breiten Aufgabenspektrums schwierig erscheinen lässt.

    Beispiel: Die Energieagentur Südwest betreut seit Anfang 2019 die Landkreise Lörrach und Waldshut.

  • Landesförderung seit 2006: Klimaschutz-Plus (Kapitel 3.5 und 6.2)

    Das Förderprogramm Klimaschutz-Plus hat sich seit 2006 zu einem effizienten Hebel für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in Baden-Württemberg etabliert. Im kommunalen CO2-Minderungsprogramm, das auf die energetische Sanierung von Nichtwohngebäuden zielt, wurden in 15 Förderjahren etwa 71 Millionen Euro ausgeschüttet. Damit ließen sich 2.200 Vorhaben umsetzen und Investitionen von über 580 Millionen Euro auslösen. Die Verbesserung des Wärmeschutzes war die am häufigsten geförderte investive Maßnahme. Für Schulprojekte, Schulungs- und Beratungsangebote sowie für strukturelle Maßnahmen wurden im nicht-investiven Teil zwischen 2013 und 2020 1.165 Anträge bewilligt und 12,8 Millionen Euro ausgezahlt. Dazu gehören beispielsweise die Einführung eines kommunalen Energiemanagements oder die Teilnahme am European Energy Award (eea).

    Beispiel: Besonders aktiv waren die Kommunen im Ortenaukreis: Sie erhielten im Zeitraum 2006 bis 2020 insgesamt 4,6 Millionen Euro Fördergelder für 140 Projekte.

  • Fördergelder vom Bund: Kommunalrichtlinie (Kapitel 3.4 und 6.1)

    Auch der Bund fördert den Klimaschutz in Kommunen: Mit der „Kommunalrichtlinie“ flossen von 2008 bis 2020 etwa 111 Millionen Euro nach Baden-Württemberg – für 3.155 investive Maßnahmen. Die Kommunen erhielten finanzielle Unterstützung für klimafreundliche Investitionen, insbesondere für hocheffiziente Beleuchtung im Innen- und Außenbereich. Der Großteil der Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern hat das Programm genutzt, aber auch mehr als die Hälfte der kleinen Kommunen mit weniger als 5.000 Einwohnern, zudem 32 der 35 Landkreise.

    Beispiel: An der Spitze liegt der Schwarzwald-Baar-Kreis: Hier erhielten seit 2008 insgesamt 74 Projekte zusammen 4,4 Millionen Euro Unterstützung.

  • Vorhaben in ein Konzept einbetten: Klimaschutzstrategie (Kapitel 3.4)

    Knapp 60 Prozent aller Menschen in Baden-Württemberg leben in einer Stadt oder Gemeinde, die den Klimaschutz strategisch angeht. Denn insgesamt 146 Städte, 220 Gemeinden sowie 33 Landkreise besitzen ein integriertes Klimaschutzkonzept. Das heißt aber auch, dass zwei Drittel der Kommunen noch keines haben, darunter ein Drittel der Städte mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern. Für kleinere Kommunen empfiehlt sich für den Einstieg insbesondere die vom Bund geförderte Fokusberatung - die bisher jedoch nur 59 Kommunen im Land in Anspruch genommen haben. Sinnvoll ist auch die interkommunale Zusammenarbeit.

    Beispiel: In vier Landkreisen (Göppingen, Heidenheim, Karlsruhe und Ludwigsburg) verfügen alle Kreiskommunen über ein Klimaschutzkonzept, das sie entweder eigenständig oder gemeinsam mit dem Landkreis erstellt haben.

  • Unverzichtbares Personal: Klimaschutzmanagerinnen und -manager (Kapitel 3.4.5)

    Eine Klimaschutzmanagerin bzw. ein Klimaschutzmanager setzt die kommunale Klimaschutzstrategie um und ist damit eine zwingend notwendige Personalstelle. Aktuell verfügen 27 Landkreise sowie 174 Städte und Gemeinden im Land über eine solche Stelle. Jeder zweite Einwohner lebt demnach in einer Kommune ohne Klimaschutzmanagement, darunter die Hälfte der Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern, drei Viertel der Kommunen mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern sowie 90 Prozent der Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern. Besonders für die kleinen Kommunen empfehlen sich erprobte Lösungen im Verbund.

    Beispiel: Im Landkreis Emmendingen verfügen 10 Kommunen über eine Personalstelle für das Klimaschutzmanagement, die sie entweder eigenständig oder im Rahmen eines kommunalen Zusammenschlusses geschaffen haben.

  • Über Ländergrenzen hinweg bewährt: European Energy Award (Kapitel 3.6)

    Der European Energy Award (eea) wurde 2006 in Baden-Württemberg eingeführt. 117 Städte und Gemeinden, 24 Landkreise sowie ein Gemeindeverwaltungsverband nehmen daran teil und setzen damit ihre Aktionspläne zum Klimaschutz kontinuierlich um. Vor allem größere Kommunen ab 20.000 Einwohner beteiligen sich an diesem ambitionierten, international verankerten Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren. Der eea hat sich auch für kleinere Städte und Gemeinden bewährt.

    Beispiel: Im Landkreis Ravensburg beteiligen sich 22 Kommunen am eea. Fünf Städte und der Landkreis selber sind mit dem eea Gold zertifiziert.

  • Einsparpotenziale erschließen: Kommunales Energiemanagement (Kapitel 3.11)

    Ein kommunales Energiemanagement (KEM) erfasst die Energieverbrauchsdaten aller kommunalen Liegenschaften und erschließt damit Energieeinsparpotenziale. In über 400 Städten und Gemeinden, die zusammen knapp acht Mio. Einwohnerinnen und Einwohner aufweisen, finden Aktivitäten im kommunalen Energiemanagement statt; rund 200 Kommunen verfügen über entsprechendes Personal. Umsetzungstiefe und Qualität unterscheiden sich jedoch stark. Dies bedeutet im Umkehr­schluss, dass noch über 60 Prozent der Kommunen im Land (mit etwa einem Viertel der Be­völkerung, also meist kleinere Kommunen), noch nicht über ein Energiemanagement verfügen. Hier besteht eindeutig großer Nachholbedarf. Empfehlenswert ist die Nutzung des Instruments Kom.EMS. Mittlerweile sind 82 Städte und Gemeinden sowie sieben Landkreise im Kom.EMS-Prozess aktiv, 28 der Kommunen sind bereits zertifiziert. Seit 2021 sind alle Kommunen im Land verpflichtet, die Energieverbrauchsdaten ihrer kommu­nalen Liegenschaften bzw. Hauptenergieverbraucher zu erfassen. Dies wird über ein separates Erfassungstool im Kom.EMS-System ermöglicht.

    Beispiel: Im Landkreis Calw nehmen neun Kommunen an Kom.EMS teil. Der Landkreis Calw und die Stadt Altensteig sind zertifiziert.

  • Beste Ausgangsbedingungen: Energieeffiziente Wohngebäude (Kapitel 3.12 und 6.8)

    In vielen Kommunen liegt im Gebäudebereich das meiste Energiesparpotenzial. Qualifizierte Energieberatung finden Kommunen beim Landesprogramm Zukunft Altbau und dem Netzwerk der regionalen Energieagenturen. Sie kooperieren mit regionalen Energieberatern und der Verbraucherzentrale. Ihr gemeinsames Verdienst: Rund 27 Milliarden Euro Fördermittel flossen zwischen 2008 und 2020 aus den KfW-Programmen „Energieeffizient Bauen/Sanieren für Wohngebäude“ nach Baden-Württemberg. Zwischen 2016 und 2020 erhielten jährlich rund 31.000 Vorhaben eine finanzielle Unterstützung. Das heißt: Pro Jahr konnten rund 1,3 Prozent der Wohngebäude saniert werden. Die Zahlen zeigen gegenüber dem letzten Status­bericht eine deutliche Steigerung: Für den Zeit­raum 2012 bis 2016 war eine Sanierungsquote von 0,95 Prozent pro Jahr ermittelt worden. Doch für einen klimaneutralen Gebäude­bestand bis 2040 braucht es noch mehr. Die Fördermittel dafür gibt es weiterhin – inzwischen über die neue „Bundes­förderung für effiziente Gebäude“ (BEG).

    Beispiel: Allein im Landkreis Biberach wurden in den Jahren 2019 und 2020 rund 3.300 Sanierungsprojekte mit insgesamt 216 Millionen Euro aus allen KfW-Förderprogrammen Energieeffizient Bauen/Sanieren finanziell unterstützt.

  • Investieren lassen: Contracting (Kapitel 7.4)

    Der Begriff Contracting bezeichnet ein Geschäftsmodell, in welchem ein Dienstleister für einen Kunden investiert und beide davon profitieren. Beim Energieliefer-Contracting übernimmt der Contractor die Planung, Finanzie­rung, In­stallation, Energiebeschaffung sowie auch die Betriebsführung der Anlagen. Beim Energiespar-Contracting können die Investitionen aus den nachgewiesenen Einsparungen refinanziert werden. Es ist ein attraktives Modell für Vorhaben, die die Energieeffizienz verbessern, und eine erprobte Alternative zur Umsetzung dieser Maßnahmen in Eigenregie. Unter Begleitung des Kompetenzzentrums Contracting der KEA-BW konnten baden-württembergische Kommunen bereits 56 Contracting-Projekte mit einem Umfang von insgesamt ca. 90 Millionen Euro Investitionen realisieren. Angesichts des derzeitigen Investitions­­staus an öffentlichen Gebäuden – insbesondere Schulen – und den neu gesteckten Klima­schutz­zielen vieler Kommunen lässt sich festhalten, dass hier ein enormes Potential vorhanden ist.

    Beispiel: Im Neckar-Odenwald-Kreis wurden 14 kreiseigene Liegenschaften sowie das Kreiskrankenhaus im Rahmen von Energieeinspar-Contracting-Projekten modernisiert.

  • Viel freier Platz auf den Dächern: Solarstrom (Kapitel 2.2 und 5.5)

    Die Photovoltaik hat in allen Landkreisen noch reichlich Wachstumspotenzial. Im Rahmen der Solaroffensive des Landes fördert das Umweltministerium seit 2018 regionale Photovoltaik-Netzwerke und deren landesweite Koordination. Im Sinne eines Wettbewerbs („Photovoltaik-Liga Baden-Württemberg“) wurden regelmäßig die Regionen mit den höchsten Anlagen-Zubauraten pro Quartal ausgezeichnet. Hierzu wurden die je­weils aktuellen Daten des Marktstammdatenregisters und der Bundesnetzagentur, aufbereitet vom Bundesverband Solarwirtschaft, zugrunde gelegt.

    Beispiel: An der Spitze der PV-Liga lag 2020 der Alb-Donau-Kreis mit 153 Wp Zubau pro Kopf.

  • Fossilfreie Versorgung: Wärmeplanung und Wärmenetze (Kapitel 3.14, 6.6, 6.7 und 7.7)

    Wärmenetze sind ein wichtiger Baustein der Wärmewende. Dabei spielen diese eine wichtige Rolle im Rahmen von kommunalen Wärmeplänen. Im Rahmen der „Verwaltungsvorschrift energieeffiziente Wärmenetze“ des Landes Baden-Württemberg gingen im Baustein 1 (Förderung der „Teilkonzepte Wärmenutzung“) nur zwei Anträge ein. Baustein 2 förderte zwölf regionale Beratungs- und Netzwerkinitiativen, die wichtige Impulse für die Umsetzung energieeffizienter Wärmenetze lieferten. Im Juni 2021 wurde dieser Baustein auf das Schwerpunktthema Wärmeplanung ausgedehnt. Baustein 3 förderte die Errichtung oder Erweiterung von Wärmenetzen unter Nutzung von erneuerbaren Energien, industrieller Abwärme und/oder hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung. Durch die über dieses Förderprogramm bezuschusste Wärmenetze konnten bisher rund 22.000 Tonnen CO2 im Jahr eingespart und rund 74 Millionen Euro Investition angeregt werden. Die so geförderte Netzlänge betrug 123 Kilometer. Über die „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ (Wärmenetze 4.0) werden Machbarkeitsstudien (Modul 1) und Realisierungen (Modul 2) gefördert. Zwischen 2019 und 2021 wurden in Baden-Württemberg insgesamt 45 Anträge im Modul 1 (mit einer Fördersumme von 6,1 Millionen Euro) und vier Anträge im Modul 2 (mit einer Fördersumme von 16,3 Millionen Euro) bewilligt.

    Beispiel: Im investiven Teil des Förderprogramms „Energieeffiziente Wärmenetze“ wurden die meisten Vorhaben (insgesamt neun) im Landkreis Lörrach genehmigt.

  • Gleichgesinnte finden: Mitgliedschaften (Kapitel 4)

    Um ihre Klimaschutzziele erreichen zu können, brauchen Kommunen gute Rahmenbedingungen. Durch die Mitgliedschaft in Netzwerken wie dem Klima-Bündnis, Energy Cities, dem Covenant of Mayors, oder ICLEI leisten sie einerseits Lobbyarbeit für den Klimaschutz, andererseits vernetzen sie sich mit Gleichgesinnten auf nationaler und europäischer Ebene.

  • Teilnehmen und mehrfach profitieren: Wettbewerbe (Kapitel 5)

    Tue Gutes und rede darüber! Baden-württembergische Kommunen gehören oft zu den Preisträgern in Wettbewerben wie Klimaaktive Kommune des Bundesumweltministeriums, Climate Star vom Klima-Bündnis oder Energie-Kommune der Agentur für Erneuerbare Energien. Sie machen damit ihr Engagement sichtbar und profitieren in manchen Fällen von attraktiven Preisgeldern.